Montag, 30. Dezember 2013

Weihnachten und "Vaba Tahe"

Hallo und liebste Weihnachtsgrüße aus dem hohen Norden, wo trotz aller Vorstellungen immernoch kein Schnee liegt.

Die Feiertage habe ich ruhig im Dorf verbracht, wo es wie angekündigt das traditionelle Weihanchtsessen aus Kartoffeln, Sauerkraut, Blutwurst und Preiselbeermarmelade gab.
Zu erwähnen ist, dass am Heiligabend zwölf verschiedene Speisen auf dem Tisch zu stehen hatten und auch nach dem Essen der Tisch bis Mitternacht nicht abgedeckt werden durfte.
Am Heiligabend regnete es auch Geschenke und ich durfte einen estnischen Weihnachtspsalm vor dem Weihnachtsmann vortragen. Am ersten Feiertag gab es dann noch ein schönes langes Singkonzert mit traditioneller Weihnachtsmusik und heidnisch estnischen Wintersonnenwendsagen - und wieder Geschenke.
Schließlich auch noch am 27. Dezember gab es einmal Geschenke beim feierlichen letzten Arbeitertreffen des Jahres mit Kuchen, Kaffee und wieder einem Weihnachtsmann.

Morgen ist also schon der letzte Tag im Jahr und es geht auf das Jahr 2014 zu, das wieder viel Neues bringt. Am zweiten Januar fahre ich nach Riga, von wo ich mit Bettina einen Kurzurlaub in Riga, Vilnius und Tallinn starte.

Anna ist auch kurz wiedergekommen und so konnten wir uns gestern gemeinsam bei einer gut gefüllten Fernsehschaft im Sõbra Maja unsere Folge in der Dokumentalserie "Vaba Tahe" ansehen.
Im Mai war eine Fernsehcrew nach Maarja Küla gekommen, um für eine Dokumentalreihe über Freiwilligenarbeit eine Folge zu drehen. In 8 Episoden wurde von Esten berichtet, die im Inland und Ausland freiwillig unterwegs waren, doch nun war es in Episode Nummer 9 Zeit, von Anna, Philipp und mir zu berichten und so flimmerten wir gestern Abend über den Schirm bei Eest Televisioon, dem staatlichen estnischen Fernsehen.

Einen Link zur Onlineversion gibt es HIER.
Der Trailer ist HIER.
Einen Ausschnitt gibt es HIER.


Ich verspreche hiermit, eine Untertitelversion nachzuliefern.

Soweit so gut.
Damit wünsche ich euch einen wunderbaren Jahreswechsel.
Weil mir gerade hier alles etwas zu viel wird, muss ich mit neuen Blogeinträgen ersteinmal eine Weile vertrösten. Aufgeschoben soll aber auch nicht aufgehoben sein.

Head aega ja head aasta vana lõppu!
Marcel

Donnerstag, 19. Dezember 2013

Jõuludeajal 2.0

In der Weihnachtsbäckerei ... gibt es viel Piparkook (Pfefferkuchen), der in Estland das einzig richtig traditionelle Weihnachtsgebäck darstellt - abgesehen von den Massen an importiertem Süßkram aus dem Ausland versteht sich.
Die Weihnachtszeit geht voran und schon steht der vierte Advent mit dem Weihnachtsfest vor der Tür.
Während Mirjam und Alina nach Hause fahren, werden Markus und ich im Dorf bleiben und die Feiertage hier in Estland verbringen.

Was ist in der Zwischenzeit passiert?
Mir wurde ein Zahn gezogen, ein anderer in einer Wurzelbehandlung gefixt, mir wurde über den Fuß gefahren, ich habe neue Klamotten und der ganze Schnee ist schon wieder weg.

Doch am interessantesten wäre es wohl, vom letzten Wochenende zu erzählen:
Markus hat zu seinem Geburtstag ein Fährticket nach Helsinki von uns geschenkt bekommen und so fuhren wir am Freitagabend nach Tallinn, von woaus wir Samstag früh am Morgen mit der Fähre über den finnischen Meerbusen aufbrachen. Nach einem schönen Sonnenaufgang erreichten wir Helsinki bei strahlendem Sonnenschein und blauem Himmel.


Es folgte ein langer Tag, von dessen Einzelheiten zu schreiben jetzt zu viel wäre, schließlich war ich ja bereits zweimal in Helsinki und habe davon berichtet.
Es bleibt jedoch zu sagen, dass es eine wunderbare Reise für mich gewesen ist und ich auch viele neue Ecken kennen gelernt habe, so zum Beispiel die Temppeliaukio-Kirche.


Diese Kirche wurde direkt in einen Felsen gehauen, auf den eine Kuppel gebaut wurde.
Die Kirche besitzt somit Felsenwände und dadurch eine ausgezeichnete Akkustik.
Interessant war auch zum Beispiel das Sibelius-Denkmal, dass dem finnischen Komponisten und Nationalhelden Jean Sibelius gewidmet ist.



Unser Ursprungsplan, den Weihnachtsmarkt zu besichtigen, ist etwas daneben gegangen, denn wir kamen gut 10 Minuten nach Hüttenschluss (um 18 UHR!) an. Mit so einem frühen Ende hatten wir nicht gerechnet, zumal es ein Samstag war.
Doch den zauberlichen Glanz der Weihnachtsbeleuchtung und - dekoration nahmen wir jedoch trotzdem war.



Am Ende des Abends ging es müde nach Tallinn zurück.
Auf dem Außendeck hatte ich gegen Mitte der Fahrt ein sehr schönes Erlebnis. An der richtigen Stelle stehend konnte ich sowohl Tallinn vorne, als auch Helsinki hinter mir erblicken, wenn ich meinen Kopf wendete. Die Lichter der Hauptstädte schienen durch die klare Nachluft.
Am nächsten Morgen war Tallinn in einen weißen Teppich gehüllt, der innerhalb von 5 Stunden gefallen sein musste (um 5 kamen Markus und ich schneelos an, um 10 wachten wir mit jede Menge weißen Puders auf)
Auf dem viel schöneren, romantischen Weihnachtsmarkt in den Gassen von Tallinn tranken wir alle noch einen Glögi (Glühwein) und schauten uns die Buden an, die schon eher an Weihnachtsmarkt erinnerten.


Die nächsten Tage gehen also nun auf Weihnachten zu. Die Schüler vom Schulprojekt hatten heute ihr Weihnachtsfest, die Bewohner vom Dorf fahren morgen zu Scharen nach Hause. Die Übriggebliebenen werden zusammen nächste Woche die Festtage verbringen.

Das bedeutet:

Adventslieder, besinnliche Tage und Blutwurst mit Sauerkraut.

Kuni selleni,
Marcel

Montag, 9. Dezember 2013

Jõuludeajal 1.0

Da ist er doch gekommen ... der Schnee, der liegen bleibt.
So sitze ich gerade in einem Pfannkuchencafé in Tartu (besser gesagt meinem STAMMpfannkuchencafé in Tartu), draußen frieren die Menschen bei soliden -7 Grad und an der Wand wärmt sich meine Jacke samt neuem Schal, neuen Fäustlingen und neuer Schapka, die ich mir gegönnt habe.

Hier Bildmaterial von der vorangerückten Weihnachtszeit in Estland.

 Tartu ist weihnachtlich geschmückt worden. Ein riesengroßer Weihnachtbaum trohnt auf dem Rathausplatz, die Straßen und Gassen sind mit Ketten, Lichterbällen und Kronleuchtern (!) geschmückt und Sehenswürdigkeiten und Einkaufszentren blinken und blitzen im Lichtermeer. Die Restaurants bieten jetzt auch Glühwein und Kakao mit Schuss an, sowie den typischen "Piparkook" (Pfefferkuchen) und Zimtleckereien. In den Einkaufszentren treten die Menschen sich die Füße ein und es liegt inzwischen (nach Entstehen dieses Fotos) hat es sogar noch viel geschneit.
Tartu - ein Wintermärchen.




 

 Samstag haben Mirjam, Markus und ich den Tag im Kulturzentrum von Põlva verbracht, wo die eintägige "Weihnachtsmesse" stattgefunden hat. Dort haben wir circa 6 Stunden lang im Hauptsaal an einem von vielen Ständen Produkte aus dem Dorf verkauft - kleine Püppchen aus dem Handarbeits-Workshop, Kerzenständer aus der Holzwerkstatt und Tonwaren verkauft. An anderen Ständen gab es ein reichhaltiges Angebot von Süßkram, selbstgebackenem Obstbrot und selbstgekochten Marmeladen bishin zu Seifen, Unterwäsche, Kosmetik und Elektrogeräten. Bei uns im Hauptsaal fand auch ein kleines Kulturprogramm mit Chören und Solisten statt, das uns unter Anderem "Laps peab sündima" geboten hat - in Estland ein Weihnachtslied, bei uns nur ein Schlager.
Hört mal in das oben positionierte Video rein - wer aufpasst, wird bald "Tränen lügen nicht" erkennen.

Unser Verkaufsstand in Põlva.
Kompetentes Verkaufspersonal mit tollen grünen Maarja-Küla-Shirts.
Immerhin 68 Euro haben wir eingenommen und uns wurde vom Põlva Kultuurikeskus sogar die Standmiete geschenkt.


 Zum ersten Advent zog erzgebirgische Adventsstimmung bei uns ein, denn nicht nur hatten wir drei Kränze gebastelt - einen für uns und zwei für je ein Haus (in Estland gibt es keien Adventskranztradition und umso stolzer bin ich, dass man sich für diese Idee gefreut hat).
Viel mehr hatten wir auch echt erzgebirgischen Stollen, den mir Bettinas Mama gebacken und Bettina zugeschickt hat. Ein Gaumenschmauss.
Danke!

In unser Zimmer hielt auch so langsam die Weihnachtsstimmung Einzug. Nicht nur habe ich meinen Adventskalender von Bettina (hinten - DANKE!) aufgehangen, sondern wir haben auch Sterne gebastelt, die außer in unserem Zimmer noch an unserer Tür und in einem Wohnhaus hängen - dies war unsere Beschäftigung für einen halbtägigen Stromausfall, der aber nicht ganz so schlimm war wie die letzten. Schließlich hatten wir dieses Mal Kaffee am Ofen der Außenküche gekocht ;-)

Ein weiterer Brauch, den ich in meinem Arbeitshaus ausprobiert habe, war der Nikolausbrauch. In Estland gibt es keinen Nikolaustag in diesem Sinne. Der "Nigulapäev" birgt hier keine großen Traditionen. Viel mehr darf sich das estnische Kind JEDEN Morgen an den Schuh oder an andere Stellen begeben, um zu schauen, ob die "Pekapikud" (Weihnachtswichtel) etwas gebracht haben. Am Abend des 5. Dezembers habe ich also Päckchen gebastelt mit derlei Süßem, die ich am Morgen des Nikolaustages zusammen mit einem kleinen Informationszettel verteilt habe.

Die Tradition kam sehr gut an und ich habe viele Dankeschöns geernet.
Am Schönsten war jedoch, einmal das Gefühl zu haben, wirklich etwas von seiner eigenen Kultur geteilt zu haben - vielleicht weil Weihnachten die erste große Möglichkeit dazu bot - schließlich ähneln sich die estnische und deutsche Kultur ohnehin sehr.
Seien es nun der Kranz, Basteleien, Lieder oder der Nikolaustag - Traditionen teilen ist schön.
Und ich freue mich daher bereits auf ein echt estnisches Weihnachten - trotz des Traditionsmenüs:
Blutwurst mit Kartoffeln, Sauerkraut und Preiselbeermus.
Juchey! :)



Head aega,
Marcel

P.S. Ich war beim "Vabaühenduste Suurpäev" - dem Großtag der Wohltätigkeitsorganisationen meines estnischen Landkreises. Dort habe ich nicht nur viele interessante Leute getroffen, sondern sogar vorne auf der Bühne ein Dankesschreiben und ein kleines Geschenk entgegennehmen dürfen für die Nominierung in der Kategorie "Freiwilliger des Jahres"
Der Preis ging zwar an einen anderen, aber dennoch bin ich sehr gerührt, wie viel Dankbarkeit mir entgegengebracht wurde und ich habe mich noch sehr lange mit der Arbeiterin unterhalten, die mich dorthin begleitet hat und mir ein Geschenk von Maarja Küla überreichte.

Ein großes Danke an dieser Stelle an Maarja Küla.
Ihr seid die Besten!