Sonntag, 28. April 2013

Wasser, Wasser, Wasser ...

Der Frühling kommt, der Schnee ist weg und die Bewohner fahren bis zum Sonnenuntergang mit dem Fahrrad im Dorf. Die Schaukeln quietschen, Blümchen sprießen und bald dürften auch die Knospen aufplatzen.
KEVAD ON KÄES! DER FRÜHLING IST DA! :)

Angemessen zum Start in die wunderschöne Jahreszeit zog es mich am Samstagmittag von Tartu nach Pärnu, die "Sommerhauptstadt Estlands", die auch außerhalb der Grenzen Europas für Spas und Wellnesshotels bekannt ist ... und Sandstrand. JA! Sandstrand! In Estland!
... und tatsächlich: Die aufgefrorene Ostsee, die nur noch an einigen wenigen Stellen Eisbröckchen mit sich führt, ist beim Sonnenschein und ca. 16 Grad Lufttemperatur eine echte Schönheit.
Dank Gummistiefeln kann ich auch auf bis ca. 50 km Entfernung zu den sich an Land schlagenden Wellen vordringen ohne nass zu werden. Anna hat ein Beweisfoto gemacht.
Es ist ein echter Augenschmaus. Auch die Innenstadt von Pärnu ist wunderhübsch, denn sie ist mit vielen kleinen Holzhäusern und alten, gut erhaltenen Bauten beflastert, sowie gut gepflegt und niedlich angelegt. Auch die Blumen auf den gepflegten Wiesen strahlen.
Das Monument "Für jeden Einzelnen" (Aif eigene Gefahr)
Nach dem Pizzaessen (bzw. Lasagne) bei der angeblich besten Pizzeria Estlands (und es stimmt!) schwor ich, nie wieder das Wort Käse in den Mund zu nehmen, geschweige denn welchen anzufassen. Als die Kellnerin mich fragte, ob sie den Klumpen Käse, der von meiner Lasagne übrig geblieben war, mitnehmen dürfte, erwiderte ich daher nur unhöflich "Ära!", was "Weg!" bedeutet. Das Klischee, dass Deutsche unhöflich klingen, wenn sie Estnisch sprechen, war wieder voll bedient.
Nichtsdestotrotz war die Lasagne sehr gut.
Doch am Sonntagmorgen zog es uns nicht weiter durch Pärnu, sondern nur zum Autoverleih und bereits nach ca. 1 1/2 Stunden Fahrt ins Landesinnere, einer Polizeikontrolle und diversen Momenten, in denen wir falsch waren, erreichten wir den Punkt im "Soomaa Rahvuspark" (dem Nationalpark "Soomaa", was Sumpfland bedeutet), an dem wir mit ca. 30 anderen Menschen eine Kajaktour begannen - jedoch keine Kajaktour wie jede andere. In Soomaa gibt es neben den üblichen Vieren noch die sogenannte "5. Jahreszeit", nämlich den Zeitpunkt, an dem durch die Schneeschmelze der ganze Wald und teilweise sogar Straßen überflutet sind ... und so fuhren Anna und ich mit dem Kanu dortentlang, wo sonst Elche und Hasen durch das Unterholz stapften.
 In Soomaa gibt es auch außerhalb der Flutzeit bereits extrem gut erhaltene Sumpflandschaften und Moore. Es handelt sich um eines der ältesten erhaltenen Naturgebiete Europas. Doch während der Schmelze steigt der Wasserstand so sehr, dass das Straßenverkehrsamt Straßen sperren muss. Wir kamen bereits zum Ende der Schmelze, d.h. der Wasserstand nahm bereits ab. Dennoch variierte er  zwischen 20 cm, was dazu führte, dass wir bei Gras oder Ästen beinahe stecken blieben, und gut eineinhalb Metern. Wir paddelten vorbei an knarzenden Eichen und weiten Wiesen, aber auch mitten durchs Gestrüpp, wo wir auch teilweise umkehren mussten.
Schön war unser Umhergeplantsche in unserem Kajak nicht, aber gegen Ende hin hatten wir uns eingespielt und bei anderen Kajaks sah es im Groben auch nicht besser aus.
Nach 3 Stunden anstrengender Fahrt durch den Wald und über geflutete Wiesen kamen wir dann schließlich wieder am Ausgangspunkt an. Aus Angst um die Kamera haben wir nur vom Land aus Bilder gemacht, wie hier zu sehen ist. Im Internet gibt es aber genügend Videos und Bilder von Soomaa, so dass man erfahren kann, was man sich darunter vorzustellen hat.


Hier einmal ein Beispiel - zwar in Estnischer Sprache, aber die Bilder kann man ja trotzdem verstehen. :)

 

Als wir schließlich wieder in Pärnu angekommen waren, benutzten wir eine günstige Alternative, um nach Tartu zu kommen, die hier in Estland sehr verbreitet ist und gut funktioniert: Trampen!
Nach 20 erfolglosen Minuten an einer Kreuzung nahm uns ein relativ junger Fahrer in einer Nobelkarosse mit an den Stadtrand. "Da habt ihr mehr Glück!"
In der Tat. Am neuen Ort angekommen dauerte es keine 5 Minuten und wir befanden uns im Auto eines vermutlichen Studentens.
Für 0 Euro von Pärnu nach Tartu. Sehr gut.
Am heutigen Montagabend zieht es mich nach Tartu zurück, wo das studentische Öölaulupidu - das "Nachtsingfest" stattfindet. Zwar kleiner als sein großer Bruder in Tallinn, aber mit ca. 9000 Menschen bestimmt eine Reise wert. Dies wird auch seit Langem wieder meine erste Fahrt als Fahrer in einen Ort mit Ampeln. Ich bin gespannt.

Nägemiseni,
Marcel

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