Montag, 25. Februar 2013

Wenn ein Russe fällt ...

... dann macht er so viele Nationen glücklich. Das habe ich Samstagnacht erleben dürfen. In einer kleinen Gasse in Narva entdecken wir - eine Gruppe aus ein paar Esten, Katja (aus Bulgarien), Miki (aus Ungarn), Gianluca (aus Italien) und mir - viele Rubelstücke auf dem Boden - und freuen uns wie Kinder beim Ostereiersuchen.
Wir stellen uns ein Bild von einem fallenden, betrunkenen Russen vor - und zählen die kleinen Stückchen des ausländischen Geldes. Freude macht sich breit.

Mein Wochenende an der russisch-estnischen Grenze begann mit zunächst im Dorf mit einem nicht gerade arbeitsintensiven Tag. Im Rootsi Maja bin ich mit zwei Bewohnerinnen allein und habe also nur für drei Personen zu kochen. Die restliche Zeit schaue ich "Goodbye Lenin" auf meinem Laptop.
Gegen 15 Uhr gab es dann Wachablösung und Krista übernahm das Haus - ich und mein Schlafsack hingegen taumelten durch den Wald zur Bushaltestelle, um nach Tartu zu kommen.
Sozialistischer Charme in Narva -
der Wassertank sieht etwas aus, als hätte der
Wohnblock einen Irokesenschnitt
Nach einem Friseurbesuch dort zog ich wieder in Richtung "Tartu Bussijaam" (Tartu Busbahnhof) um in den Schnellbus nach Narva zu steigen. Fein säuberlich hatte ich mir den vorher extra übersetzten Satz zurechtgelegt, den ich den Busfahrer fragen wollte.

Kas buss peatub Narvas ka 'lilla pank' peatuses? - Hält der Bus in Narva auch an der Haltestelle "lila Bank"?

Fragende Augen vom Busfahrer - tausende Fragen strömen mir durch den Kopf: "Ist der Satz falsch?", "Habe ich es falsch betont?"
Dann stottert der Busfahrer hervor: "Говори по-русски!" (Sag es auf Russisch! - offensichtlich denkend, dass ich Russe bin). Na toll. Da hatte ich mir den Satz extra übersetzt, um mit Estnisch auftrumpfen zu können - und dann ist der Busfahrer Russe.

Naja. Die Frage wurde dann doch beantwortet und zweieinhalb Stunden Busfahrt mit Gratis-Wifi später gelangte ich nach Narva, wo ich von Katja aus Bulgarien (Volunteer in Narva) und Gianluca aus Italien und Miki aus Ungarn (Volunteers in Tallinn) frenetisch begrüßt wurde. Wir kennen uns alle vom On-Arrival in Haapsalu.
Nach einem ersten Kohuke und dem Abwurf meiner Sachen in Katjas Apartment ging es zur Russenparty in einen anderen Teil von Narva. Die Strecke legten wir - wie später noch öfter - mit einem Taxi zurück, denn jede Strecke kostet nur 2 Euro.

Klischees sind witzig, weil sie stimmen. So sagt es zumindest Eckart von Hirschhausen.
... doch dies durfte ich tatsächlich erleben. In der Wohnung eines polnischen Ex-EVSlers angekommen, stellten wir schnell fest, dass am Spruch "Russen trinken Wodka wie Wasser!" tatsächlich etwas dran ist.
Nichtsdestotrotz überlebte meine Leber den Abend - und jauchzte später noch bei einem Kaffee in Katjas Wohnung auf.

Unspektakulärer als gedacht - die Grenze
Samstag morgen ging es nach einem herzhaften Blini-Frühstück los zur Grenze. Durch sowjetisch-anmutende Wohnungssiedlungen hindurch erreichten wir den Grenzpunkt.
Normalerweise klingt das Wort "Grenze" immer so dramatisch. Fahnen, Grenzer und Stacheldraht. Gerade am Eingang Russlands in die EU. Doch dem war nicht so. An einer Bushaltestelle fanden sich ein paar Tore, eine Hütte und ein bisschen Zaun - das war's.
Die Burg zu Narva (links) und die Burg zu Ivangorod (hinten) - letztere bereits auf russischer Seite der Narva.

Viel dramatischer dagegen der wunderschöne Anblick der beiden Burgen an den Seiten der Narva (gemeint ist der gleichnamige Fluss). Der estnischen Burg in Narva und der russischen Burg in Ivangorod - hinter denen sich die verbindende Brücke über den Fluss schlängelt - liegt ein gewisser Zauber inne, den ich gerne einmal im Sommer sehen würde.
Das Tal zu überblicken mit den beiden Herrschaftssitzen aus dem Mittelalter erfüllt das Auge.

Im Anschluss wurden wir noch Teil einer russischsprachigen, kostenfreien Aufführung eines Ritterturniers in einer Halle in der estnischen Burg.
Ab und zu drang auch etwas Estnisch an mein Ohr. Man halte sich vor Augen: Optimistisch geschätzt leben in Narva evt. 5% Esten. Straßen- und Geschäftsschilder erstrahlen zwar in Estnisch - geredet wird hier jedoch fast nur auf Russisch.
Das Turnier jedoch war unterhaltsam - Miki und Gianluca wetteten auf die Teilnehmer. Der Kampfstil war dramatisch und beinahe ungestellt - erinnerte mich jedoch sofort mehr an Frauen im Winterschlussverkauf oder an Wrestling als an Mittelalterkämpfe. Doch naja. Dem Volk gefällts :)


Gianluca, Miki, ich und die nette russische Dame
Hinter der Kamera: Katja
 Ein paar hundert Meter von der Burg entfernt, erblickten wir einen Schneemann, den wir sogleich für eine Tradition nutzen. Am ersten Abend unseres On-Arrival-Trainings war unsere Aufgabe, in Teams verschiedene Sehenswürdigkeiten abzugehen. Punkte gab es, wenn wir Fotos machten. Noch mehr Punkte, wenn wir einen Schneemann auf dem Bild hatten. Am meisten Punkte, wenn dazu noch ein Einheimischer zu sehen war.
Nach ein paar Überzeugungsversuchen, konnten wir dann doch eine ältere Russin zu einem Foto überreden - und siehe da: Der Charme dieser Übung ist immernoch da!
Ausnahmsweise mal eine Umarmung für Lenin
Nach etwas mehr Stadttour verbrachten wir den Abend mit vier Esten im Deutschen Pub.
Ich saß mit vier Esten, einer Bulgarin, einem Italiener und einem Ungaren in einem russisch dominierten Teil von Estland in einem deutschen Pub und wurde von Russisch-Esten bedient. Das klingt wie der Beginn eines schlechten Witzes. War aber cool.
Als dann der offensichtlich betrunkene Russe "Vlad" aus Tallinn vom Nachbartisch meinte, seinen Reichtum zur Schau zu stellen, war der Abend abgerundet. Dies bedeutete für uns: eine große Flasche Whiskey und eine Flasche Champagner (Wert schätzungsweise zusammen 60 €) wanderten auf unseren Tisch - und auf seine Rechnung. Warum nicht!?

Am nächsten Tag, der mit ein paar "Armen Ritten" begann, war das Wochenende dann auch leider schon am Ende. Katja und ich brachten Gianluca und Miki gegen 13 Uhr zum Busbahnhof, aßen dann etwas in einem türkischen Cafe und gegen 15 Uhr tauchte auch mein Bus auf.

Mein Rückweg war auch schön, denn dieser Bus fuhr eine andere Route als hinzu - nämlich durch das am Ufer des Peipus-Sees gelegene Mustvee. Das Ufer ähnelte der Ostsee sehr. Zusätzlich erblickte ich in jedem noch so kleinen Ort Flaggen und Fähnchen, denn dieser Sonntag war zudem auch noch der Tag der (ersten) Unabhängigkeits Estlands.
In Tartu angekommen, erschlug mich das dortige Fahnenmeer fast. Nach einem Kaffee und zwei Bier mit James stieg ich dann auch endlich in den Dorfbus und war wieder daheim.


Ein sehr schönes Wochenende. Neue Leute kennengelernt, alte Bekannte wiedergetroffen, Kulturschocks mit Russen erlebt, viel über Politik, Kultur, usw. gesprochen und etwas Russisch geübt.
Bereits jetzt freue ich mich auf ein Wiedersehen.
Vielen Dank an alle!

Montag, 18. Februar 2013

Stay hungry, stay foolish! 2.0

Auf ein Neues! Da ich mit der Qualität meines Blogeintrages nicht zufrieden war, hier nocheinmal die verbesserte Version über das Seminar in Haapsalu!

Nein, auch in dieser Version wird mein Blogeintrag nicht von Steve Jobs handeln.
Obwohl - naja ein klein wenig, aber darauf kommt es nicht an."Stay hungry! Stay foolish!" ("Bleib hungrig, bleib albern!")
Freiwilligenkarte: England, Spanien, Italien (4x), Deutschland, Österreich,
Tschechien, Ungarn, Rumänien (2x), Moldavien, Georgien, Bulgarien (2x),
Serbien, Mazedonien + 2 estnische Teamleiter
Dieser Satz einer Rede von Applegrüner Steve Jobs, die er vor hunderten Studenten bei ihrer Graduation gehalten hat, ist mir jedoch bis zur jetzigen Sekunde im Kopf hängen geblieben. Eben genannte Rede hat mich gefesselt wie lange keine.
Für die Rede bitte HIER klicken. Im Rahmen meines On Arrival Trainings - also des ersten Seminars des Europäischen Freiwilligendienstes im Gastland - haben wir über das alltägliche Steckenbleiben gesprochen - wenn alles ausweglos scheint und nirgendwo das grüne Schild zu sehen ist, dass zum Notausgang weist.
Letzte Woche zog es mich also nach Haapsalu - in eine kleine Kurstadt an der Ostseeküste. Bereits Tschaikowski hat hier sein Hirn angestrengt. Ich auch - mein On-Arrival-Training war megamäßig gut.
Trotz meines zeitigen Aufbruches aus Maarja Küla, damit ich um 6.48 Uhr in Taevaskoja umringt von Dunkelheit in den Bus nach Tallinn steigen konnte, war die Reise nicht halb so beschwerlich wie man denken könnte. An Schlaf war im Fernbus logischerweise wieder ersteinmal nicht zu denken. 
Selbst bequeme Sitze und das sanfte Schunkeln des Vehikels konnten die Aufregung ersteinmal nicht übertünchen (schreibt man das so?). Eine Stunde vor dem Einfahren in die Hauptstadt Tallinn habe ich es dann doch geschafft, die Augen zu schließen und mental wegzugleiten.
Ein estnisches Namen-Lern-Lied
Nach dem Umsteigen in Tallinn erreichte ich schließlich gegen 14 Uhr das Küstenstädtchen Haapsalu - schon am Busbahnhof tat sich hervor, wer zu unserer Gruppe gehörte. Nach den Schilderungen anderer Freiwilliger erwartete ich zuvor eventuell noch 5 andere EVS-Freiwillige. Falsch gedacht. Wir waren 18. Plus Siiri und Margus in der Teamleitung.
In der ersten Gruppenphase war noch alles neu und unbekannt. Mein Zimmer teilte ich mit James aus England und Jan aus Tschechien - zwei chaotische, wahnsinnig angenehme Gesellen. Recht schnell kristallisierten sich Sympathien heraus  - das Kennenlernen ging zügig voran - das Namenlernen hoppelte jedoch im Spaziergehertempo hinterher.
In den Tagen im Kongo Hotel Haapsalu haben wir enorm viel gelacht, nachgedacht und gelernt. Am Erstaunlichsten ist wohl, dass ich über Estland und andere Länder der Teilnehmer genauso viel gelernt habe, wie über Deutschland. So intensiv wie hier, habe ich mich ( so weit ich weiß) noch nie mit der deutschen Sprache, der Kultur und der Reflexion im Ausland beschäftigt.
Doch zurück zu den Neuerungen im Bezug auf meine vorrübergehende Wahlheimat:
Die moldawisch-spanisch-deutsche
Gemeinschaftsarbeit zum Thema:
Wie stelle ich mir einen Esten vor?
Meine Angst in der "Russenproblematik" (mehr dazu nach dem nächsten Wochenende - das werde ich nämlich mit ein paar anderen On-Arrival-Volunteers in Narva an der russischen Grenze verleben) schwand dahin. Als wir am Dienstag traditionell eine bestimmte Köstlichkeit (deren Name mir entschwunden ist) im Pub gespeist haben - umringt von Reliquien aus diversen Zeiten (sogar der Reichsadler blinzelte mir von der Wand entgegen), brachen wir anschließend zum Rodeln auf - gemäß der Tradition. Sechs Versuche hatte ich - sechs landeten überall - nur nicht am Ende der Rodelbahn. Viel Zeit haben wir mit Reflexion und Einschätzung verbracht. Themen wie Kulturschocks, Probleme im Projekt, unsere Position in der Gesellschaft, unsere Motivation und die Möglichkeit aktiven Bürgertums standen auf der Tagesordnung. Das klingt vielleicht sehr theoretisch, das war es jedoch ganz und gar nicht.
Am Ende (nach dem abschließenden Saunaabend mit Trinkgelage) wollte keiner von uns die Stadt verlassen - auch ich nicht. Haapsalu hat sich in mein Herz gemeiselt. Ein wunderbares Städtchen!
Zunächst habe ich gelernt, die Punkte zu verbinden und auf Estnisch zu flirten. Habe evaluiert, wer ich eigentlich bin und was ich hier erreichen will und kann. In den abendlichen Runden wurde nicht nur Bier und Mitgebrachtes aus Serbien oder Rumänien konsumiert und sinnlos herumgedödelt, sondern es kamen auch grandiose Gespräche zusammen: Meistens ging es (aus gegebenem Anlass) um Kultur, Geografie, Sprache und (insbesondere osteuropäische) Geschichte.
Faszinierend auch der Dokumentarfilm "The Singing Revolution". Über den kann ich nicht viel sagen - seht selbst im Trailer.
Dieser Film war jedoch definitiv Anlass dafür, die Oberflächlichkeit des Geschichtsunterrichtes anzuprangern. Ernsthaft.
Osteuropäische Geschichte, die der deutsch-deutschen Vergangenheit etwas ähnlich sieht, Kulturschilderungen bester Qualität und grandiose Musik - vereint in diesem Film.
Prädikat: Sehenswert und pädagogisch wervoll.
(und bestimmt auch mit deutschen Untertiteln)
Des Weiteren habe ich gelernt, dass es im Winter Straßen über die zugefrorene Ostsee gibt, und man die Inseln vor der Küste so mit dem Auto erreichen kann! - Nur so am Rande.
Autos auf der Ostsee!
Meine Sprache hat jedoch gelitten. Deutsch, Russisch, Spanisch, Estnisch, Englisch - alles kam in einem Pott und bildete eine widerliche Brühe - am letzten Abend war es am schlimmsten.
Beispiel:
Ich wollte sagen: "I mix up all the languages!" (Ich vermische alle Sprachen!)
Ich habe gesagt: I throw up all the languages!" (Ich erbreche alle Sprachen!)
Alles in Allem danke ich herzlich für diese Woche - und bin mir sicher, dass dies nicht die letzte Begegnug mit dieser Gruppe war. Spätestens beim MidTerm-Training sehe ich dann endlich viele der Gesichter wieder. Doch bereits vorher möchten wie die Chance nutzen, wenn möglich.
Der Zeitplan vom Training
Schon am Freitag Abend erreichte ich Maarja Küla von Haapsalu aus erst gar nicht, da ich den Abend noch mit James aus England, sowie Dana und Gabriela aus Rumänien in diversen Studentenkneipen verbrachte. Nächste Woche bin ich dann bei meiner bulgarischen Gesprächspartnerin nach Narva eingeladen. Auch ein paar Volunteers aus Tallinn werden dabei sein. Darauf freue ich mich schon ziemlich.
Meine Datenbank an Volunteers ist ja jetzt groß und dank Facebook und Konsorten ist Organisation jetzt keine Frage von Papier und Bleistift mehr. Schlafplätze und (was das wichtigste ist) Freunde - habe ich jetzt hier überall in Estland.
Es heißt ja immer, Seminare sollen motivieren! ... und wie ich motiviert bin!
Daher noch zum Abschluss ein tolles Zitat, dass ich diese Woche gelernt habe, was sich jeder gerne mal ins Gedächtnis rufen kann:

"Es war ein Tag wie dieser, als Marco Polo nach China aufbrach. Was machst du heute?"

Nägemiseni!
Marcel

P.S.
Mehr zum Seminar sagen sicherlich die Fotos in der Galerie (siehe Navigationsleiste)
In mein neues Zimmer umgezogen bin ich auch endlich.
Fotos davon ebenso in der Galerie!

Freitag, 8. Februar 2013

Auf nach Haapsalu!

Wieder ein paar Tage vergangen und es ist so manches geschehen. Die erste Woche im Rootsi Maja verlief mild. Zum ersten Mal war ich in einer estnischen Arztpraxis, zum ersten Mal habe ich für ein Haus eingekauft, zum ersten Mal habe ich nordischen Nebel gesehen.

 Eines Nachmittags - die Sonne begann gerade sich zu senken - lief ich ruhig aus dem Rootsimaja. Da war er: Nordischer Nebel. Das erste Mal, dass ich solchen sehe. Im Prinzip ist das auch nichts anderes als Nebel über Schnee, doch bis dato kannte ich das nur aus Dokumentationen über Finnland oder Norwegen. Eine ca. zwei Meter hohe Nebelschicht lag über dem Schnee rings um Maarja Küla.
Optisch herausragend! Echt!



Dienstagabend fuhr ich mit dem Expressbus von Maarja Küla direkt zum Kunstzentrum der "rahjvaülikool" (der Volkshochschule der Universität von Tartu) für meinen ersten Estnischkurs.
Klischeeuntypisch fiel ich als Deutscher dort jedoch zu spät ein. Schuld waren der Bus und ich. Der Bus schlich etwas dahin und ich kam ca. 5 Minuten zu spät an der Einrichtung an. Dort konnte ich danach die Tür schlicht und einfach nicht öffnen. Sie schien zugenagelt zu sein - so fest war sie verschlossen. Nirgends eine Klingel. Verzweifelt rufe ich im Büro der Schule an. Es stellt sich heraus, dass ich die rechte Tür genommen habe, wobei die linke Tür des Gebäudes die offizielle Eingangstür ist. Naja gut. Wenigstens weiß ich das jetzt.
Meine erste Sprachstunde war super. Zu viert plus Professorin (eine super Person und im Übrigen die Mutter von Sofiia* - einer Einwohnerin von Maarja Küla) bestritten wir die Phonetik des Estnischen, die übrigens gar nicht so einfach ist, weil sie ZU einfach ist. Anders als im Deutschen wird im Estnischen nämlich alles so ausgesprochen wie es dasteht. Ein Vokal = kurzer Vokal. Zwei Vokale = langer Vokal. Dies gilt ebenso für Konsonanten. Jeder Buchstabe hat genau nur EINEN Laut. Die Betonung liegt fast immer auf der ersten Silbe. Ein H dehnt nicht und Doppelkonsonanten verkürzen die Vokale davor nicht, wie es im Deutschen der Fall ist. So werden "H"'s beispielsweise auch vor Konsonanten ausgesprochen. So entstehen dann merkwürdig aussehende Wörter wie etwa "mööbel", "füüsik", "arhitekt" und "butiik".
Nach meiner Sprachstunde bin ich noch drei Stunden durch Tartu geirrt - Buchhandlungen, Supermärkte und SchnickSchnack-Geschäfte, bis dann 22. Uhr mein Bus nach Maarja Küla abfuhr.
Mit meinem neuen Lehrwerk, dass ich in Tartu erstanden habe, kann ich hoffentlich bald sprachlich richtig durchstarten.
Richtig durchstarten werde ich nächste Woche in Haapsalu - einer Stadt an der Ostsee unweit von Tallinn. Dort findet mein On-Arrival-Training vom Europäischen Freiwilligendienst statt, bei dem ca. 10 andere Volunteers und ich verschiedenste Dinge vermittelt bekommen - vom Spaß-Faktor und dem Treffen neuer Leute aus anderen Ländern, die ebenso neu in Estland sind, einmal abgesehen.
Meine Route wird mich mit Bussen ca. 5-6 Stunden durch Estland führen. Von Maarja-Küla über Taevaskoja und Tartu bis Tallinn und dann weiter nach Haapsalu.
Das Seminar wird mich dafür aber entlohnen.
Quelle: Google Maps

Des Weiteren ist meine estnische ID-Card endlich angekommen! Ab sofort habe ich nun für fünf Jahre (also bis Januar 2018) dauerhaftes uneingeschränktes Aufenthalts- und Arbeitsrecht in Estland! E-Services und diverse andere Dienste stehen mir nun auch offen - wie beispielsweise die Eröffnung eines estnischen Bankkontos. Mehr Infos zur ID-Karte und E-Estland gibt es z.B.  bei der Botschaft der estnischen Republik oder beim Online-Spiegel.


Das war es ersteinmal von mir. Nach Haapsalu melde ich mich wieder aus dem Baltikum.
Liebste Grüße,
Marcel

P.S.
Für einen Ausschnitt über die ID-Card bitte einmal auf "Weitere Informationen" klicken!

P.P.S.
Was ich schon ewig vergessen habe:
Ein Video des EVS in Maarja Küla auf Youtube. Für mehr Infos über den EVS hier und das Dorf - und einige meiner Schäfchen :)










Samstag, 2. Februar 2013

мои белые розы ...


Mal am Rande mein MUMIN-Kalender, den
ich letzte Woche erstanden habe!
Ja, da ist schon wieder eine Woche in Estland vorüber gegangen.
Dieses Wochenende verbleibe ich jedoch im Dorf und ziehe nicht durchs Land. Grund ist, dass ich etwas kränkel und Montag sicher erstmal nach Põlva zum Arzt fahren werde.
Meine zwei Arbeitswochen im S
õbra Maja sind auch vorüber. Montag beginne ich im Rootsi Maja für zwei Wochen zu arbeiten. Für den toimkond-Tag (der Tag, an dem ich fürs Essen verantwortlich bin) plane ich wieder Milchreis, doch ausschließlich nur einhergehend mit einem Hapukoor-Verbot!

Die letzte Woche verlief ruhig und alles in allem sehr angenehm. An meinen drei Workshoptagen habe ich im
"puutöö" (Holzarbeit) Stuhlbeine geschliffen, im "savitöö" (Tonarbeit - Keramik) Herzen gestaltet und beim "punumine" (Flechten) einen eigenen Korb geflochten. Die körperliche Arbeit gefällt mir sehr, da sie mir die Chance gibt, auch etwas lediglich mit meinen Händen zu tun. Besonders genossen habe ich den Tag im savitöö-Workshop, da an diesem Tag so manche Entdeckung gemacht wurde, von denen noch nicht einmal Philipp und Anna (meine deutschen Mitfreiwilligen - Namen nicht geändert) wussten. Mit Kätli (der Workshopleiterin - N.n.g.) habe ich zu Beginn nur mit Händen und Füßen kommunizieren können. Mein Estnisch beschränkt sich ebenso wie ihr Englisch nur auf Grundvokabular wie "gut"/ "nicht gut"/ "Hallo", usw.
Als ich mein Wörterbuch hervorholte, erblickte sie jedoch "SAKSA" (Deutsch) auf meinem Wörterbuch und brach prompt hervor: "Du sprichst deutsch?" .... und so kommunizierten wir ausnahmsweise mal auf meiner Muttersprache - eine Fähigkeit, die einem hier alsbald nicht mehr so flüssig zu gelingen scheint, wie daheim.
Am selben Tag packte ich zum ersten Mal gegenüber von Eino (N.n.g.) meine Russischkenntnisse aus. Eino ist eine Dame älteren Semesters, leitet den Handarbeitsworkshop, lebt ebenfalls im S
õbra Maja und spricht kaum Englisch, dafür aber ziemlich fließend Russisch. 
Mein Estnisch-Sammelsurium ausgebreitet auf dem Sofa!
Ein großes DANKE nochmal an Bine für das megamäßige
Kissen! :)

Eino ist zu jeder Mahlzeit im Sõbra Maja auch immer diejenige, die mich neue estnische Vokabeln lehrt, die ich jedoch mit Vorsicht zu genießen habe, da sie aus Võru stammt - einer Stadt in Südestland, die ihren eigenen sprachlichen Dialekt mit unterschiedlichen Worten hat. Daher ist nicht jedes Wort, das ich lerne, "Hochestnisch". Doch nächste Woche beginnt ja mein Sprachkurs und ich kann richtig durchstarten. Bereits eine Woche später bin ich dann irgendwo in Estland - vermutlich in Viljandi- zu meinem EVS-On-Arrival-Training, welches Teil des offiziellen EU-Programmes ist.

Zum Schluss noch ein paar Worte zum Titel des Eintrages:
Wie bereits erwähnt, fand letztes Wochenende für mich in Tartu ein estnisch-tschechisch-französisch-deutsches Erlebnis in Pubs und Kneipen in Tartu statt. Der erste Anlaufpunkt war der BigBen-Pub nahe der Innenstadt - ein Anlaufpunkt insbesondere für Ausländer. Neben Modern-Talking dröhnte auch viel russische und estnische Musik aus den Boxen. Estnische Musik will heißen: Oldies auf Estnisch. Als Beispiel gleich einmal "Yellow River" als estnische Version. 


Des Weiteren zog es zu den durchweg tanzenden Esten auch ab und zu alle Russen (in Estland ist etwa 30 % der Bevölkerung russisch) auf die Tanzfläche, wenn russische Musik der 70er, 80er und 90er erklang.
Dabei geht mir ein Lied seit diesem Abend nicht mehr aus dem Kopf. Oft erwische ich mich selbst dabei, wie ich diesen Song anstimme, dazu im Takt wippe oder die Hintergrundmelodie pfeife.
Deshalb würde ich euch gerne daran teilhaben lassen. 

Hier nur für euch zusätzlich zur estnischen Musik "мои белые розы"






Liebe Grüße, 

Marcel

P.S. HIER findet ihr die geforderten Fotos von meinem derzeitigen Übergangsquartier!
Viel Spaß beim Stöbern!


P.P.S. Da meine Freunde von der GEMA mir mal wieder einen Strich durch die Rechnung ziehen, hier auch für die deutschen Leser der letztere Song!