Donnerstag, 26. September 2013

AVARII !!!

Man sagt ja, dass alles, was einen nicht umbringt, nur stärker macht.
Demnach bin ich jetzt wieder ein wenig stärker geworden - Markus auch - und ebenso der Rest der Menschen, die mit uns im Vana Maja leben.
Letzten Freitag ereignete es sich nämlich so, dass aus heiterem Zufall - oder heiterer Blödheit, wenn man es realistischer auszudrücken vermag - das Zimmer, in dem Markus und ich wohnen, zum Schwimmbad wurde. Ein Verbindungsstück des Heizungsrohres direkt neben meinem Bett brach und versetzte mich, mein Bett und das ganze Zimmer in einen Ausnahme zustand.
"Avarii!" - "Notfall!"
Markus und ich hatten rumgeblödelt und mit einem Schulterhieb versetzte ich den armen Burschen gegen den Heizkörper, dessen besagtes Verbindungsstück daraufhin brach. Warmes, leicht schmutziges Wasser strömte in alle Richtungen ins Zimmer. In Windeseile schoben wir das Bett von der Heizung, brachten alles vom Boden in Sicherheit und holten Eimer herbei, doch da das Wasser in so ziemlich alle Richtungen verströmte, erfüllten diese nur recht dürftig ihren Zweck. Mit bloßen Händen versuchte ich den Wasserstrahl in die Eimer zu lenken, doch immernoch strömte Wasser überall hin. Der in Windeseile von Alina und Mantisa herbeigerufene Hausmeister Lembit stellte dann in Windeseile die Heizung ab. Tropfend und nervös standen Markus und ich in unserem Sumpf.
Das Wasser hat nicht nur das komplette Zimmer bis in die letzte Ecke circa zwei Zentimeter unter Wasser gesetzt, sondern auch alles durchweicht, was im Weg war. Auch die Wand und die Decke wurden bespült, ja sogar die Gardinenstange tropfte. Der Kondensfilm an den Fenstern und am Spiegel erinnerte an eine türkische Sauna. Alle Fotos an meiner Wand, inklusive meines Elches und meines Bären (Erinnerungsstücke meiner Abschlussfeier) wurden durchtränkt und so musste ich mich schweren Herzens von ihnen verabschieden. C'est la vie!





Meine Kleidung war so durchweicht, dass ich in Unterhose die Außentreppe des Vana Maja hinauf und hinunter rannte, um nasse Dinge zum Trocknen aufzubahren. Auch mein (erst neues) Handy hat den Zwischenfall nicht schadenfrei überlebt. Anstatt an jenem Abend wie geplant nach Viljandi zu fahren, hieß es also, den Schaden zu beseitigen.
Schließlich fuhren wir, als endlich alles trocken gelegt war, noch einmal zum Supermarkt, um Nervennahrung zu besorgen. Das ganze Wochenende verbrachten Markus und ich mit der Reinigung und dem Waschen aller durchnässter Sachen. Am Abend mussten ich und Markus im Sõbra Maja nächtigen und bis einschließlich Mittwochabend musste das Vana Maja frieren, denn das Heizungssystem war bis zur Endreparatur abgestellt.
Mirjam möchte wegen ihrer Qualen, in einem kalten Zimmer zu leiden, namentlich erwähnt werden :)

Man lernt daraus:
Wer Mist baut, kann sein Zimmer in einen Sumpf versetzen.

Meine Arbeit im Eesti Maja verläuft derweilen sehr gut. Sich an die Bewohner und den Ablauf zu gewöhnen, wird aber noch ein bisschen dauern. Beispielsweise verläuft das Kochen im Eesti Maja etwas schwieriger, denn ich darf neben einer "normalen Mahlzeit" noch eine Speise komplett ohne Gluten, Laktose und weißen Zucker, sowie eine Mahlzeit für eine PKU-kranke Bewohnerin zubereiten. PKU bezeichnet die erbliche Verdauungsstörung Phenylketonurie. Hier gibt es ein Video vom ORF, das über die Krankheit informiert) PKU ist eine Eiweißverdauungsstörung, die durch einen Gendefekt entsteht. Betroffene können die Aminosäure Phenylalanin nicht richtig umsetzen, was dazu führen kann, dass bei unbemerkter Krankheit ohne spezifische Ernährungsumstellung - wie bei unserer Bewohnerin - solchartige Veränderungen im Gehirn auftreten, dass diese zu einer geistigen Behinderung führen. Alle diese Veränderungen des Nervensystem sind nicht umkehrbar. Die Krankheit ist unheilbar und das Problem - Phenylalanin - fast überall aufzufinden. Milch, Eier, Getreide, Fisch, Fleisch - alles tabu. Selbst bei Kartoffeln gibt es Beschränkungen. PKU-Kranke dürfen nur Obst, Gemüse und speziell für sie hergestellte eiweißarme Produkte zu sich nehmen. PKU-Krankheit gilt in Deutschland als Behinderungsform, was zu einer Staatsförderung für entstehende Kosten führt.
Von Geburt an müssen PKU-Kinder eine strikte Diät einhalten, ansonsten kann es zu schweren Behinderungen kommen. Der PKU-Test ist heutzutage in Deutschland und den anderen EU-Ländern bei Neugeborenen Pflicht. Zu Sowjetzeiten, als unsere Bewohnerin geboren ist, waren solche Tests selten.
Diese Ernährungsweise erschwert das Zubereiten der Nahrung im Eesti Maja, aber ich bin zuversichtlich, bald den Dreh heraus zu bekommen. Beim Verzicht auf Gluten und Laktose bin ich schon Meister. :)

Head aega,
Marcel

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